Würdigung/Sonderpreis
Architektenkammer Baden-Württemberg
Regierungspräsidium Freiburg
Diskrete Arroganz
Der Eichbergturm in Emmendingen
Zuerst sieht man vor lauter Wald den Eichbergturm nicht.
Am Ende eines Waldweges tut sich eine Lichtung auf, und da steht es plötzlich, das luftige Pyramiden-Skelett aus sechs mächtigen Douglasienstämmen. Sie sind das Grundgerüst des Turms, dessen Spitze man von unten nur unter merklicher Verrenkung des Kopfes sehen kann. Alles am Turm ist streng geometrisch: Zylinder, Sechseck, Kreis. Die Raffiniertheit zeigt sich auf den zweiten Blick, ebenso wie die Symbole, die sich unaufdringlich für den ergeben, der sie sehen will: vier Davidsterne, die sich wie Kränze um das Minarett der Wendeltreppe winden. Der Aufstieg ist wie der Gang durch eine Spitzendecke: Immer neue Muster ergeben sich aus dem Gewebe des Stahlgestänges. Holzstufen und die Douglasien geben dem Stahlgespinst Wärme. Ab und zu weist auf dem Weg nach oben ein kleines Markierungsschild diskret darauf hin, welche Aussichtstürme aus der Nachbarschaft man gerade höhenmäßig überstiegen hat. “Schlossbergturm Freiburg“ steht da zum Beispiel.
Wer nicht ganz schwindelfrei ist, mag sich wünschen, sie wären nicht ganz so ehrgeizig gewesen. Dabei hat man an dieser Stelle das Schild „Feldbergturm“ noch vor dich. Und man beginnt beim Blick auf den fernen Erdboden, die Sicherheit der Konstruktion zu schätzen.
Gleich zwei Treppengeländer, links und rechts, und die gesamte Wedeltreppe ist von einem Gitter umspannt wie von einem feinen Käfig. Herausgucken kann man, herausfallen nicht. Aber daran sollte man beim Aufstieg sowieso nicht denken. Immer schön nach oben schauen. Der Lohn der Angst beginnt, wenn man die Baumwipfel überstiegen hat. Plötzlich kommt man aus dem Waldschatten in die Sonne. Und wenn man ganz oben auf der letzten Plattform steht, wird klar, warum an dieser Stelle ein Aussichtsturm gehört. Kaiserstuhl, Schweizer Jura, Vogesen sieht man in der Ferne, die Freiburger Bucht, Triberg, der Kaiserstuhl und Emmendingen liegen einem zu Füßen, während man gemütlich wie in einem Vogelnest aus massiver Eiche sitzt. Das einzige was fehlt, sind die Flügel- aber das wäre wohl ein bisschen viel verlangt.
Aus der Begründung:
Die Würdigung für den Eichbergturm honoriert vor allem die bürgerschaftliche Beteiligung bei diesem Projekt und die Entstehung einer Landmarke, die ein wichtiger Naherholungspunkt der Vorbergzone ist. Der Turm besticht durch die Schlichtheit und Einfachheit seiner Ausführung.
Wibke Gerking